Donnerstag, 28. Februar 2013

Belichtung: Manuell oder Automatik?

Für mich stellt sich die Frage eigentlich nicht - zumindest nicht mehr - da ich von Anfang an versucht habe die Automatik außen vor zu lassen. Der Grund dafür ist Kontrolle und das möchte ich hier ausführlicher erklären.

Nikon

Canon

An einer aktuellen DSLR hat man eine Reihe von Automatik Modi mit denen entweder Teile der Bilderfassung automatisch geregelt werden oder eben Alles. Üblicherweise hat man die Wahl zwischen Aperture Priority (Blende wird manuell gewählt), Shutter Priority (Belichtungszeit wird manuell gewählt), Programm (sowohl Blende als auch Belichtungszeit wird automatisch gewählt) und oft auch noch spezielle Motiv Programme. Hinzu kommt üblicherweise noch eine ISO Automatik die je nach Kamera anhand von minimale Belichtungsdauer die ISO so anpasst, dass das Bild entsprechend korrekt belichtet ist.

Dann gibt es natürlich noch den Autofokus aber der soll hier nicht Thema sein - ich verwende AF sofern dieser gut funktioniert und wechsle nur in Situationen in denen das nicht funktioniert (zu dunkel,..) in den manuellen Fokus.

Die einfachste Möglichkeit ein korrekt belichtetes Bild mit einer DSLR zu erreichen ist der P-Modus oder das entsprechende Motivprogramm. Warum sollte man das nicht verwenden und sich das Leben schwerer machen? Nun ja ... woher soll die Kamera wissen wie ich das Bild haben möchte?

Sowohl die Blende als auch die Belichtungszeit haben Auswirkung auf die Bildwirkung. Große Blende (kleine Blendenzahl) resultiert in eine kleinere Schärfetiefe die in vielen Fällen gewünscht ist. Damit verschwimmt dann der Hintergrund in Unschärfe und man erreicht eine Freistellung des primären Motivs vom Hintergrund. Wenn man das richtig einsetzt erreicht man eine völlig andere Bildwirkung als würde man das gesamte Bild im Fokus haben.

Die Belichtungszeit hat eine Wirkung auf Bewegung. Eine kurze Belichtungszeit friert Bewegung ein während eine lange Belichtungszeit dazu führt, dass Bewegung im Bild sichtbar wird. Es bewegt sich natürlich nichts aber etwa ein Arm in einer Bewegung ist nicht still im Bild sondern verschwimmt über seine Bahn. Genau dieser Effekt kann gewünscht sein um die Bewegung im Bild zu erfassen (bewegte Autos,...).
http://www.dptips-central.com/exposure.html

Die ISO Automatik spielt hierbei nur eine untergeordnete Rolle. Die ISO hat, sofern sie nicht zu hoch gewählt ist, keine direkte Auswirkung auf das Bild. Die ISO erlaubt jedoch an den beiden anderen Parametern zu schrauben und dennoch eine korrekte Belichtung zu erreichen. Die ISO drückt einfach aus wie sensibel der Sensor auf Licht reagiert bzw. um wie viel das Signal verstärkt werden muss. Auf einer modernen DSLR sollten Werte bis ISO800 völlig problemlos sein aber auch ISO3200 oder gar ISO6400 kann noch gut verwendbar sein.

Möchte man also volle Kontrolle über die Bildwirkung haben dann möchte man diese Parameter nicht der Bewertung der Kamera überlassen. Viele Kameras machen das heute durchaus sehr gut.
Man kommt aber schnell in die Situation, dass man versucht sich an die Kamera anzupassen damit sie das macht was man eigentlich haben möchte. Warum sollte man das machen wenn man die volle Kontrolle haben kann?
Gerade die volle Kontrolle ist, meiner Meinung nach, der zentrale Punkt für die Anschaffung einer DSLR. Wer einfach nur Fotos machen will der findet heute eine Reihe von Kompaktkameras und Systemkameras die diese Aufgabe auf dem Qualitätslevel einer DSLR erfüllen. Die Zeiten in denen man eine DSLR gebraucht hätte um ein sehr gutes Foto zu machen sind sicher vorbei. Ein größerer Sensor hat natürlich schon Vorteile aber wenn man seine Fotos in kleinem Format online stellt oder auf 9x13 ausbelichtet wird man nicht wirklich einen Unterschied sehen.


Eine gute DSLR gibt einem die Optionen in die Hand das Bild vollständig zu kontrollieren - man muss es dann aber eben auch machen ;)


Grundlage dafür die Kontrolle zu übernehmen ist ein grundsätzliches Verständnis wie Fotografie  funktioniert. Ich möchte jedem der sich eine DSLR zulegt dringend diese Seite empfehlen: http://fotolehrgang.de/
Auf dieser Seite werden die Basics, also die physikalischen Grundlagen der Fotografie, sehr gut vermittelt. Wenn man das mal verinnerlicht hat kann man nicht mehr wirklich viel falsch machen.

Die Belichtung manuell zu wählen ist also nicht nur etwas was man machen möchte weil es "cool" ist sondern es hat sehr wohl reale Hintergründe. Die digitale Fotografie macht es einem dabei sehr einfach denn man kann sofort am Monitor kontrollieren ob etwas grundsätzlich falsch gelaufen ist. Gerade am Anfang wird man daher Bilder kontrollieren auch wenn man das später ablegen sollte. Man nennt das auch Chimping was ja an sich nicht schlecht ist weil man es ganz einfach tun kann und es macht auch Sinn - gerade wenn man den perfekten Shot etwa eines Gebäudes haben möchte. In sich schnell veränderten Situationen kann man dabei aber leicht einen guten Shot verpassen und mit der Zeit sollte man aufgrund der gewählten Settings sowieso wissen wie das Bild aussieht. Ok genug abgeschweift ... zurück zum manuellen Modus...

Belichtungsskala D800
Eigentlich jede DSLR bietet im Sucher einen Balken der die Belichtung anzeigt wobei die Mittelposition den Punkt darstellt an dem die Kamera meint die korrekte Belichtung zu haben.
Ich sage "meint" da dies eben wieder die Meinung der Kamera darstellt. Diese ist abhängig vom gewählten Messmodus und muss, je nach Situation, nicht dem entsprechen was man möchte. Ein Beispiel wäre etwa bei Matrixmessung ein heller Himmel aber was man eigentlich haben möchte ist ein dunkleren Bereich. Die Matrixmessung rechnet über das gesamte Bild und wird damit den eigentlich interessanten Bereich unterbelichten. In wie fern hier die Composition sinnvoll gewählt ist bleibt eine andere Frage denn um nun den dunkleren Bereich richtig belichtet zu bekommen muss man den Himmel überbelichten womit dieser "ausbrennt". Ein anderes Beispiel wäre ein Bild mit Gegenlicht...

Es ist daher auch im manuellen Modus wichtig die Funktion der Belichtungsmessung und des ausgewählten Modus zu kennen. Grundsätzlich kann man auf den Belichtungsmesser völlig verzichten und mit einer ersten Schätzung und 2-3 Testshots die korrekte Belichtung finden - das ist eine lustige Übung aber doch nicht das übliche Vorgehen wenn man unterwegs ist. Ich möchte hier jedem die Lektüre seines Kamera-Handbuchs empfehlen - dort sind die Belichtungsmessungen genau beschrieben.

Ok man ist nun also im manuellen Modus, hat sein Motiv und eine Idee wie das Bild aussehen soll. Also Blende ist mal mehr oder weniger fix. Nun stellt man seine Belichtungszeit entsprechend der Lichtsituation und der Objektivlänge (Verwacklungsgefahr - Faustregel: 1/Objektivlänge) und kompensiert bei Bedarf mit der ISO. Hat man seine Werte hat der manuelle Modus den Vorteil, dass man, sofern die Lichtbedingungen gleich bleiben, keine weiteren Anpassungen machen muss und sich völlig auf die Composition konzentrieren kann.

Ich hatte vor Kurzem in der Firma einen Kochkurs und die Kamera dabei. Ich hatte dabei die Belichtung manuell so eingestellt, dass die ISO nicht zu hoch musste aber immer noch genug Tiefenschärfe für die meisten Shots da war. Danach konnte ich die Kamera problemlos auch jemand anderem in die Hand drücken und wenn der den Auslöser gedrückt hat war die Belichtung trotzdem korrekt (ob der Fokus korrekt lag war immer eine andere Frage - ich verwende meist single point und wähle den Punkt manuell an).

Für mich hat die Verwendung des manuellen Modus viel mit Lernen aber eben auch mit der Gestaltung des Bilds zu tun. Wer seine Settings manuell vornimmt denkt automatisch mehr über das Bild nach und ich habe schon viele Male währenddessen entschieden, dass das Motiv so einfach nicht genug hergibt.

Ich möchte hier die Verwendung der Halbautomatik Modi oder auch der Vollautomatik nicht generell schlecht machen. Gerade die Halbautomatik macht Sinn wenn man einen Moment aufnehmen will der nicht wieder kommt. Im manuellen Modus geht das nur wenn die Settings vorab exakt stimmen (oder man nicht zu weit entfernt liegt um es aus dem RAW zu korrigieren), die Halbautomatik erlaubt solche Shots. Auch wechselnde Bedingungen und ein längerer Shoot sind so ein Fall. Ich habe etwa Demo-Züge meist vollständig in Aperture Priority gemacht weil es da eben spezielle Momente gibt bei denen die Konfiguration von Blende, Zeit und ISO zu lange dauern würde.

Ich möchte noch einmal kurz auf die ISO Automatik zurück kommen. In der Halbautomatik macht die sicher Sinn, im M-Modus empfinde ich persönlich sie als störend. Die ISO Automatik an der D800 ist zwar sehr gut aber wenn ich bewusst unterbelichte und mir dann die ISO Automatik reinpfuscht nervt das. Das ist jedoch nur meine Meinung und es kommt auch auf die Kamera an. An der D800 ist es über die eigenen Tasten sehr schnell möglich die ISO anzupassen - wenn man ins Menü muss sieht die Sache ganz anders aus.



Als Abschluss dieses doch recht langen Posts möchte ich jedem empfehlen mit dem M-Modus zu experimentieren. Man erreicht damit ein besseres Verständnis der Fotografie und auch wenn es sich hier nur um die technische Seite dreht, die nur einen kleinen Teil eines guten Bildes ausmacht, so ist diese eben doch wichtig für den perfekten Shot.

Das gesamte Thema Belichtung und worauf man achten muss ist finde ich in diesem Bild aus dem folgenden digital-photography-school.com Artikel sehr gut auf den Punkt gebracht:

Blende, Belichtungszeit und ISO im Zusammenhang




Linksammlung und Videos zum Thema:
http://fotolehrgang.de/
FroKnowsPhoto: Get out of Auto
ThatNikonGuy: Get out of Auto
FroKnowsPhoto: How to set ISO
DPS: Exposure
DPT: Exposure

Generell möchte ich hier nochmal auf die gesamte Playlist Digital Photography Class von +Jared Polin (FroKnowsPhoto) verweisen. Ich habe über seine Videos viel gelernt auch wenn ich nun an neuem Equipment schnuppere ;D




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